Mittwoch, 29. November 2017

In der Liebe wandeln


In der Liebe wandeln

 

Die Liebe Gottes in unsern Herzen

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen  durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist“ (Röm. 5,5). Der Geist hat die Liebe Gottes  nicht nur als Depot oder selbständige Ablagerung in  unsere Herzen gelegt, damit sie sich unabhängig von  Ihm entfalte. Der Heilige Geist selbst ist uns gegeben, damit Er in unseren Herzen wohne. In den Herzen der Erlösten, die einst kraftlos, gottlos, Sünder  und Feinde waren, bringt Er nun seine Frucht hervor:  „Die Frucht des Geistes ist Liebe...“ Voraussetzung  dazu ist allerdings, dass wir allezeit im Geiste wandeln und das Fleisch mit seinen bösen Werken, seinen Leidenschaften und Lüsten für gekreuzigt halten  (Gal. 5,16-26). Das erfordert dauernde Wachsamkeit.


Du sollst ... lieben?

Ein Gesetzgelehrter fasste das Gesetz treffend in  den Satz zusammen: „Du sollst den Herrn, deinen  Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und  mit deinem ganzen Verstande und deinen Nächsten  wie dich selbst“ (Luk. 10,25-28).

Aber das ist nicht die Sprache des Neuen Testaments. ln den Evangelien und in den Briefen begegnen wir kaum einer direkten Aufforderung, dass wir  Gott, dass wir den Herrn Jesus lieben sollen. Viel-  mehr finden wir da die vollkommene Offenbarung der  unendlichen, unfassbaren Liebe Gottes in seinem  Sohne Jesus Christus und die Einladung, in dieser  Liebe zu bleiben und uns darin zu erhalten (z.B. 1.  Joh. 4,16 und Judas 21). Das ist die einzigartige  Sphäre, in der unsere Herzen brennend werden  und Wärme um sich her verbreiten, ohne Beimischung menschlicher Anstrengung. Da ist die Quelle  der Liebe.

Dagegen gibt der Herr auch uns das Gebot „einander zu lieben“ (Joh. 13,34; 15,12), und auch die  Briefe der Apostel enthalten unzählige Ermahnungen dazu. ist das denn noch nötig? Wir wissen doch,  „dass wir aus dem Tode in das Leben übergegangen  sind, weil wir die Brüder lieben.“ Und jeder aus Gott  Geborene, „der den liebt, welcher geboren hat, liebt  auch den, der aus ihm geboren ist.“ Aber die Echtheit  unserer Bruderliebe offenbart die Echtheit und das  Maß unserer Liebe zu Gott. „Wenn wir einander lieben, so bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist vollendet in uns“ (1. Joh. 3,14; 5,1; 4,12).

ln der Ausübung der Bruderliebe treten so manche  Hindernisse auf, die aus dem Fleisch kommen: Parteisucht, eitler Ruhm, Hochmut, Eifersucht, Egoismus – um nur einige zu nennen. Räumen wir diese  Hindernisse nicht beiseite, so beeinträchtigen sie  auch die Liebe zu Gott, denn die Bruderliebe kommt  aus ihr hervor und ist mit ihr verbunden.

Die Liebe des Christus drängt uns sowohl zur Bruderliebe als auch dazu, Boten des Evangeliums zu  sein, an die Menschen, die seinem Richterstuhl entgegengehen. „Er ist für alle gestorben, auf dass die,  welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern  dem, der für sie gestorben ist“ (2. Kor. 5,14.15).


Seine erste Liebe verlassen

Der Apostel Paulus konnte in seinem Brief an die  Epheser noch erwähnen, dass er in seinen Gebeten  unaufhörlich für sie danke, wegen der Liebe, die sie  zu allen Heiligen hatten (1,15). Vielleicht etwa dreißig Jahre später aber ließ der Herr durch den Seher Johannes der gleichen Versammlung schreiben:  „Ich habe wider dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast“ (Offb. 2,4). Was war in der Zwischenzeit  geschehen?

In keiner anderen Versammlung hatte der Apostel  so lange gewirkt, wie in Ephesus. In den drei Jahren  seiner Anwesenheit unter ihnen hatte er ihnen alles  Nützliche, den ganzen Ratschluss Gottes verkündigt. Sie waren in allem unterwiesen und sollten nun  die Wahrheit in Liebe festhalten und in allem heranwachsen zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus  (Apg. 20,17-31; Eph. 4,15).

Der Herr konnte noch manches anerkennen (Ofb. 2,2-3). Aber in einem Hauptstück hatten sie seither  gefehlt: Sie hatten nicht über ihr Herz gewacht und  daher ihre erste Liebe verlassen.

Wir wollen für einmal nicht bei der kirchengeschichtlichen Bedeutung dieses Sendschreibens  stehen bleiben und es nicht auf eine Versammlung  anwenden, sondern auf uns ganz persönlich.

Der Gläubige ist dann in der „ersten Liebe“, wenn  Gott in Christo den ersten Platz in seinem Herzen  einnimmt. Er hat dann folgende Kennzeichen und  Ziele:
  1. Seine Seele wandelt vor Ihm und hängt Ihm an  oder folgt Ihm unmittelbar nach (Ps. 63,8).
  2. Er will nur Ihm leben und dienen; er begehrt, in Abhängigkeit von Ihm seinen Willen zu tun. Der Herr  Jesus sagt: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der  ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von  meinem Vater geliebt werden“ (Joh. 14,21).
  3. Er lebt in Gottesfurcht; Gottes Geheimnis oder vertrauter Umgang der Liebe ist daher sein Teil (Ps.  25,14). In seinem Licht erkennt er deutlich, was Welt  ist. Er will keinen „Schuhriemen“ von ihr, da er weiß,  dass, wenn jemand die Welt liebt, „die Liebe des Vaters“ nicht in ihm ist (1. Joh. 2,15).
  4. Für die Bedürfnisse seiner Seele kommt er nur zu  Dem, der gesagt hat: „Ich bin das Brot des Lebens:  wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an  mich glaubt, wird nimmermehr dürsten“ (Joh. 6,35).
Vielleicht wären noch andere Punkte zu erwähnen, um zu beschreiben, was den Erlösten, der in der  „ersten Liebe“ lebt, charakterisiert. Aber schon diese  genügen, um sich der Abweichungen von diesem  gesegneten Zustand bewusst zu werden.

Gehen wir nun auf die Frage ein, ob und wie man  zur ersten Liebe zurückkehren kann.


„Bleibet in meiner Liebe“ (Joh. 15,9)

In Johannes 13,1 lesen wir von unserem Herrn: „Da  er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt hatte,  liebte er sie bis ans Ende.“ Bis zum Ende am Kreuz?  Bis ans Ende unseres Lebens hienieden? O nein!  Von Ihm, der jetzt zur Rechten des Thrones Gottes  verherrlicht ist, wird in Offenbarung 1,5 bezeugt:  „Dem, der uns liebt“. Er ist und bleibt uns auf ewig in  seiner wunderbaren „ersten“ Liebe zugetan, die von  jeher in seinem Herzen war und die Er uns am Kreuz  in ihrem Vollmaß erzeigt hat. Sie unterliegt keinen  Schwankungen.

Gibt es für unsere Hingabe an Ihn eine größere  Ermunterung als diese, Ihn sagen zu hören, wie treu  Er uns liebt? wie Er uns in der Gerechtigkeit und  Schönheit sieht, die wir in Ihm besitzen? Wie Er im  Laufe des Tages jede, auch die unscheinbarste Regung der auf Ihn gerichteten Herzen wertschätzt und  registriert? Sie sind ja Äußerungen, Tätigkeiten und  Werke seines Lebens in uns, die Frucht seiner uns  geschenkten Gerechtigkeit! (Phil. 1,11). Lesen wir  doch fleißig im Lied der Lieder, was Ihn an seiner  geliebten Braut erfreut. Das ist ein mächtiger Ansporn für uns, Ihm in allem wohlzugefallen zu suchen.

Hat uns das Wort des Herrn Jesus; „Ich habe wider dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast“,  persönlich getroffen, so soll es uns nicht als ein unabänderliches Urteil niederschlagen. Wenn auch  das kollektive Zeugnis der Gläubigen in der Welt nie  mehr werden wird wie in den ersten Tagen der Christenheit, so bleibt doch den Einzelnen die Rückkehr  zur „ersten Liebe“ offen. Einem solchen sagt der  Herr: „Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue  Busse.“ So darf jeder zu Ihm umkehren, um wieder in  seiner Liebe zu ruhen, zu bleiben und „die ersten  Werke zu tun“.

Aus: halte fest, 1977 // Foto: pixabay.de

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